Schlitterpartie statt Höhenflug

Schlitterpartie statt Höhenflug

Schlitterpartie statt Höhenflug

Gerade komme ich mit 16 Stunden Verspätung und einen Tag später als geplant von meinem airberlin Flug aus Düsseldorf nach München zurück.

Mein Handy begrüßt mich mit einer E-Mail der airberlin mit folgenden Worten: "Wir versprechen - airberlin ist zurück auf Flughöhe!"

Echt jetzt?

Dass erlebter Kundenservice und kommunizierter Service zwei Paar Stiefel sind, durfte ich hautnah erleben, als sich mein geplanter Rückflug zu einer Service-Odyssee entwickelte.

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Für meinen geplanten Abflug am gestrigen Abend um 20 Uhr erhielt ich einen Verspätungshinweis und eine neue Abflugzeit für 20:50 Uhr die dann nochmal auf 21:20 Uhr verschoben wurde. Auf Hinweise zu den Verspätungen wartete ich leider vergeblich und entdeckte die erneute Verschiebung eher durch Zufall auf der Abflugtafel.

Schön, dass dann um  21:40 Uhr doch das Boarding begann.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte für airberlin klar sein sollen, dass 10 Minuten zum Boarding für 174 Passagiere mehr als zuversichtlich sind.

Denn was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußte war, dass an diesem Flughafen die letzten Flugzeuge um 21:50 losrollen, weil um 22 Uhr das Nachtflugverbot beginnt.

Kurz vor 22 Uhr wurden die Flugzeugtüren geschlossen. Die Begeisterung in der Maschine hielt sich in Grenzen, als der Pilot mitteilte, dass er jetzt eine Sondergenehmigung für den Start beantragen muß, damit wir heute überhaupt noch starten dürfen.

Wir warteten fast eine Stunde, in der wir nur noch einmal aus dem Cockpit um Geduld gebeten wurden.

Die Kabinencrew zog sich in die Küche zurück und rührte sich nicht.

Nach einem 38 Grad heißen Tag und den hinter uns liegenden Wartezeiten, hätte ich spätestens jetzt erwartet, dass die Flugbegleiter Tabletts mit Getränken vorbereiten und mit einer Erfrischung durch die Reihen gehen. Fehlanzeige!

Ich stehe also auf, gehe in die Bordküche und frage nach einem Getränk weil mir schwindelig ist.

Dabei erfahre ich von sehr gesprächigen Crewmitgliedern, dass die Maschine im Grunde nicht mehr starten darf, da ein Mitglied der Crew gerade seine maximal zulässige Flugzeit überschritten hat. Solche Informationen geben dem Fluggast wirklich ein Gefühl von Sicherheit!

Etwas später klingelt ein Passagier um ebenfalls um ein Wasser zu bitten. Statt es mit einer Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten einfach zu überreichen, wird das Wasser doch tatsächlich abkassiert. Ich kann es nicht glauben! Wie unpassend ist das denn?

Die letzte Meldung, die wir an diesem Tag aus dem Cockpit bekommen ist, dass die Maschine nicht mehr startet darf.

Wir werden informiert, dass wir erst unser Gepäck holen sollen, bevor wir an den airberlin Schalter gehen.

Um 23 Uhr stelle ich mich mit rund 500 Passagieren aus 3 gestrandeten Fliegern vor einen, mit 4 Leuten besetzten, Service-Schalter und warte auf Auskunft.

Bedauerlicherweise sah sich airberlin nicht in der Lage im Zeitalter von Mikrofonen eine Ansage an alle zu machen um zu informieren welche Möglichkeiten der Umbuchung und Übernachtung es gibt.

Irgendwann verteilt ein Mitarbeiter lieblos ein paar zerfetzte Plastiktüten.  Darin befindet sich eine Flasche Wasser, ein Müsliriegel und Salzsnacks. Von rund 500 Menschen werden immerhin gut 10 Prozent mit so einer Tüte versorgt.

Kurz vor Mitternacht verteilt eine Mitarbeiterin an die noch immer ca. 150 Wartenden vor dem Schalter einen Zettel mit Telefonnummern. Sie informiert dass der Schalter gleich schließt.  Und wir werden aufgefordert uns unter entsprechender Nummer selbst um die Umbuchung und ein Hotel zu kümmern. Na herzlichen Dank auch! Hätte ich diese Information bitte vor einer Stunde haben können?

Die Menge, die bisher geduldig gewartet hat, wird unruhig und kündigt an, hier nicht weg zu gehen bevor eine Lösung für alle gefunden ist. Die Mitarbeiter halten Rat und entscheiden sich an diesem Abend das erste und einzige Mal für Kundenservice und wicklen alle Umbuchungen ab.

Ob die grundsätzliche Servicehaltung im Unternehmen auch für die Erhaltung der Arbeitsplätze spricht, steht auf einem anderem Blatt.

Ein Mann neben mir hängt bereits seit 50 Minuten in der Warteschleife der Service-Hotline. Als endlich ein Servicemitarbeiter abhebt wird ihm mitgeteilt, dass man ihm nicht weiterhelfen kann und man ihn auch nicht verbinden kann. Haben wir eine falsche Nummer bekommen?

"Bei so viel Kundenorientierung wird es wirklich Zeit, dass Sie endlich pleite gehen!" sagt der Mann neben mir am Telefon und legt auf.

Ich versuche mein Glück mit der Nummer der Hotel-Buchungs-Hotline.

Nach 20 Minuten in der Warteschleife gebe ich auf und telefoniere mehrere Hotels direkt ab. Leider sind die meisten Drei-Sterne-Hotels im Umkreis ausgebucht. Die Kosten für ein 4-Sterne-Haus, trägt die Fluggesellschaft leider nicht. Wie einfach wäre es doch in so einem Fall die Passagiere direkt im Flughafenhotel unterzubringen auch wenn es ein Vier- statt ein Drei Sterne Hotel ist. Vor allem wenn dieses noch ausreichend Zimmer zur Verfügung hat.

Stattdessen wird jeder einzeln mit einem Taxi in weiter entfernte Hotels verteilt, nachdem die Umbuchung für den nächsten Tag gegen 1 Uhr endlich abgeschlossen ist.

Der Mehraufwand, der für die Kunden und die Airline durch das Einreichen und Abrechnen der zusätzlichen Taxibelege entsteht, ist wahrscheinlich um ein Vielfaches höher als die Preisdifferenz zwischen einem Drei- und Vier Sterne Hotel.

Ja, Kundenservice kann auch teuer sein, wenn er nicht grundlegend durchdacht ist.

Was im Laufe des Abends und den Reaktionen der Kunden mehr als deutlich wurde ist, dass JEDER Verständnis hat, wenn es aufgrund der Wettersituation mal zu Verspätungen kommt. Darauf haben wir ja (zum Glück) noch keinen Einfluss.

Jedoch hat NIEMAND Verständnis dafür, wenn die Information und Kommunikation sowie die Betreuung der Kunden einfach ausbleibt.

Es gibt so viele Möglichkeiten mit aufmerksamem Kundenservice zu begeistern.

Brauchen Sie noch Inspiration für neue Serviceideen? Dann schauen Sie doch bei meinem nächsten Servicequalität-Schnupperworkshop vorbei: https://www.brainmonster-academy.de/servicequalitaet-ein-unwiderstehlicher-kundenmagnet/

Insbesondere die Service-Mitarbeiter der airberlin sind herzlich dazu eingeladen.

Für noch mehr Service-Abenteuer, lesen Sie auch meinen Artikel „Von Reiseübelkeit und Kundenkommunikation“.

Für Ihr Like und das Teilen auf meiner facebook-Seite sage ich jetzt schon herzlichen Dank!

Einen schönen Tag für Sie - voller insprierender Servicemomente!

 

 

1 Comments
  1. Januar 22, 2018 at 13:18

    „Das ist eine Farce. Trotzdem musste ich herzhaft lachen, weil der Beitrag so hinreißend geschrieben ist. Ähnliches ist auch mir schon passiert, und nicht nur bei der o. g. Fluggesellschaft. Man fühlt sich übersehen und irgendwie verloren, wenn keine Kommunikation stattfindet. Und diese wäre heutzutage eine Leichtigkeit. Ist es Gedankenlosigkeit oder stures Festhalten an irgendwelchen auswendig gelernten Richtlinien? Ich weiß es nicht. Wenn ich für eine Dienstleistung bezahle, erwarte ich Höflichkeit und einen guten kundenorientierten Service.“

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